Rezension

Momente der Ergriffenheit

Begleitung werdender Eltern zwischen Medizintechnik und Selbstbestimmtheit

Angelica Ensel / Hanna Strack / Maria Anna Möst (Hg.)
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; 35 €


Jede Schwangere wird heute engmaschig mit Untersuchungen betreut, vom
Beginn der Schwangerschaft an. Dass die Dominanz der medizinischen
Errungenschaften nicht nur ein Fortschritt sind, sondern auch tiefgreifende
Zweifel auslösen können, gerät vor allem dann ins Bewusstsein der werdenden Eltern, sobald etwas nicht plangemäß verläuft. Wenn die Schulmedizin augenscheinlich nicht weiterhilft. Nicht sicher ist, mit welchen Einschränkungen ein Kind auf die Welt kommen wird. Wenn ärztliche Prognosen eine Abtreibung nahe legen. In kritischen Momenten wird offenkundig etwas anderes benötigt, das unterstützt und trägt. Dieses andere schildert „Momente der Ergriffenheit“ auf immer wieder berührende Weise.


Das klar strukturierte Buch ist in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Innerhalb der übersichtlichen und hilfreichen Gliederung verbergen sich viele kleine Schätze. Auf faszinierende Weise wird ein Bogen gespannt zwischen den Beiträgen beruflich involvierter Frauen und betroffenen Eltern, wird eine eine
Verbindung hergestellt zwischen persönlichen Berichten und Fachwissen. Es geht noch darüber hinaus, integriert Segenswünsche, Ritual Vorschläge,Gebete.
Hinter "Momente der Ergriffenheit" verbergen sich unterschiedlichste Erfahrungen von Frauen während der Schwangerschaft und Geburt.
Wie sich die ausserordentlich prägenden Erlebnisse auswirken, zeigen die Berichte auf tiefgreifende Weise. Erfahrungen, die weit über den Zeitraum der Geburt hinausgehen können und nicht selten eine maßgebliche oder gar lebenslange Wirkung auf Körper und Seele einer Frau haben.
Sehr anrührend die jeweils am Ende sind eines Kapitels stehenden Segenswünsche, Rituale oder auch zusammenfassenden Sätze von Hanna Strack.

 

Die drei Herausgeberinnen Hanna Strack (Pastorin), Angelica Ensel (Hebamme und Ethnologin) und Maria Anna Möst (Philosophin) zeigen auf, wie hilfreich, mehr noch, welch ein Segen eine spirituelle Dimension sein kann als Gegenpol zur Medizintechnik. Dieser Weg erweist sich letztlich als entscheidendes Fazit des Buches.


Unbedingt lesenswert sind die sehr berührenden Schilderungen von Müttern mit ihren  außergewöhnlichen Erfahrungen. Teilweise sehr mutig in ihrer Offenheit, in ihrer Bereitschaft, auch von Grenzerfahrungen zu erzählen, von hart erkämpften, schweren Entscheidungen. Der Leser gerät in
Lebensgeschichten, die häufig noch stundenlang nachwirken.


Für dieses Buch habe ich einen Beitrag verfasst "Cornelius und ich - Liebeserklärung an ein ungewöhnliches Kind"